Fahrenheit 451 ist ein sehr kurzes Buch; nach meinem Lesegefühl zog es sich jedoch ein wenig, da der Hauptcharakter Guy Montag in dieser sehr eigenartigen Welt agiert, als würde er schlafwandeln.
Das Thema dieses dystopischen Romans ist Bücherverbrennung und seine Folgen. Was auch bereits am Titel deutlich wird. Denn als der Roman geschrieben wurde, ging man davon aus, dass sich Papier bei ungefähr 451 °F (etwa 233 °C) spontan entzündet.
Die Feuerwehr in dieser fiktiven Welt, welche irgendwann in der Zukunft spielt, ist nicht mehr dazu da Brände zu löschen, sondern um Bücher zu verbrennen. Diese sind außerdem restlos verboten. Der Sinn dahinter, eine Truppe loszuschicken, die an Orten, wo versteckte Bücher vermutet werden, diese direkt zu verbrennen, erschließt sich mir nicht. Wäre es nicht einfacher die Bücher einfach mitzunehmen und gesammelt zu verbrennen? Außerdem besteht bei der Verwendung von Flammenwerfern auch die Gefahr Brände auszulösen. Das wurde aber einfach von Bradbury beiseite gewischt, indem alle Häuser mit neuen Technologien gebaut sind, die alles komplett brandsicher machen. Der Eindruck drängt sich auf, dass zwar dieser Teil nicht vollständig logisch, er aber notwendig ist, um den Kontrast zur eigentlichen Aufgabe der Feuerwehr darzulegen.
Sicherlich soll diese komplette Umkehr der heutigen Funktion der Feuerwehr zeigen wie auf den Kopf gestellt, wie aus der Bahn geraten, diese Welt ist. Guy Montag ist Teil dieser Feuerwehr und wie anscheinend so viele dieser Welt hat er sein bisheriges Leben gelebt, ohne jemals über irgendetwas tiefer nachgedacht zu haben.
Die Bücherverbrennungen des Romans sind eine Art Spiegel der Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten Deutschlands. Bradbury hat das bestätigt.
Dieses Unterdrücken von selbständigen Gedanken scheint der Zweck des Bücherverbots zu sein. Diese Idee scheint intuitiv, denn Bücher sind ein Mittel, um das Denken zu unterstützen. Gäbe es keine Bücher, von denen wir lernen könnten, dann müsste die Menschheit immer wieder von vorne anfangen, statt auf den Schultern von Riesen zu stehen. Denn das gesprochene Wort und die Weitergabe dessen über Gespräche und Erinnerungen sind unzuverlässig. Zu viel würde ständig wieder verloren gehen. Zeitschriften als buchähnliche Medien werden erwähnt und scheinen erlaubt zu sein. Jedoch sind sie alle nur mit Belanglosem gefüllt. Ich interpretiere das so, dass nicht Bücher und ähnliche Medien verboten sind, sondern alles, was nicht belanglos ist. Sind also Lernvideos oder Aufzeichnungen von wichtigen Informationen zum Wissenserhalt verboten? Unklar. Davon hängt jedoch die Glaubhaftigkeit dieser fiktiven Welt ab. Man stelle sich Schulen ohne Bücher und Übungshefte vor. Experten, die keine Nachschlagewerke haben. Wissenschaftler, die keine Paper schreiben oder lesen können. Es würde viele Leute geben, die sich fragen, wie sie etwas vor Jahrzehnten mal beigebracht bekommen haben und sich nicht mehr erinnern können.
Die Alternative ist, dass Guy Montag einfach wenig von seiner Welt versteht. Die Welt hat ein paar Science-Fiction-Elemente, so gibt es zum Beispiel einen kampftauglichen Roboterhund. Auch sonst scheint es eine einigermaßen moderne Welt zu sein. Das macht den Wissenserhalt noch notwendiger und schwieriger als ohne futuristische Technologien. Denkbar wäre es wie in 1984, wo die Plebs gezielt dumm gehalten werden.
Die Bevölkerung ist zutiefst unglücklich und ist im konstanten Verdrängen durch moderne Technik und Unterhaltung. Montags Frau ist den ganzen Tag am Fernsehschauen in einem Raum, wo die Wände aus Bildschirmen bestehen. Jugendliche sterben sehr häufig bei Autounfällen mit stark erhöhter Geschwindigkeit; ihnen scheint es um den Adrenalinkick zu gehen. Eine Freundin von Montags Frau hasst ihre eigenen Kinder. In gewisser Weise ähnelt dies auch der heutigen Gesellschaft, nur verdrängen wir hauptsächlich über soziale Medien, statt über die Methoden in dieser Welt.
Ob nun die Tragik und die Tristesse der Menschen in Fahrenheit 451 durch das Bücherverbrennen ausgelöst wird, bleibt somit zweifelhaft. Auch wenn es Bradbury vermutlich andeuten wollte. Denn heute wissen wir, dass wir auch mit Büchern in eine solche Situation gelangen können, auch wenn wir noch lange nicht auf dem Niveau dieser Dystopie sind. Es erscheint wahrscheinlicher, dass der Medienkonsum dies im Buch eher auslöst, als das Fehlen von Büchern.
Das typische Phänomen von altem SciFi tritt auch hier auf. Einerseits gibt es Technologien, die unseren weit überlegen sind, andererseits sind Dinge noch nicht erfunden, die für uns selbstverständlich sind. Denn Erfindungen wie das Mobiltelefon oder das Internet scheinen es hier nicht zu geben. Wohl aber deutlich schwierigere Erfindungen wie einen Roboterhund.
Die Handlung des Buchs verdient keinen langen Kommentar und man merkt, dass Bradbury Fahrenheit 451 innerhalb von ein paar Tagen geschrieben hat. Sie ist zum Vergessen und trägt wenig bis gar nichts zum Buch bei. Die Charaktere sind wenig ausgereift und ebenso zum Vergessen wie die Handlung. Viele Charaktere wirken geradezu entrückt. Und die teilweise tragischen Schicksale jener entfalten kaum Wirkung beim Leser.
Das Buch ist außerdem nicht besonders spannend. Der Protagonist handelt wenig und reagiert noch weniger. Vielmehr scheint er häufig entweder apathisch oder instinktiv gegen seine Interessen zu handeln. Wobei hier handeln statt eines passenderen Wortes steht, denn Guy scheint nicht zu denken, sondern einfach seinen Reflexen nachzugeben. Die Perspektive von Montag ist leider häufig sehr unvollständig. Er ist ein Mitläufer und Wenigversteher.
Dies alles schadet zwar der Handlung und der Spannung, es fördert aber das Nachdenken und Philosophieren über das Buch. Wie wäre es, in dieser Welt zu leben? Und warum Bücherverbrennungen oder Verbote problematisch sind. Damit kann ich es eingeschränkt empfehlen.
Ich habe das Buch in der ins Deutsche übersetzten Fassung als Audiobuch gehört. Sicherlich kann man es an einem Abend lesen und am nächsten darüber grübeln.